Tag 37: Von kleinen großen Helden

Es ist Frühling in Australien und heute erleben wir den ersten Sturm. Auf ‚Philipp Island‘ peitscht das Wasser an die Klippen, doch als wir die Pinguin-Parade sehen, die hier jeden Abend an Land zu ihren Behausungen kommt, hat sich das Meer wieder beruhigt.

Wir fahren heute knapp 400 Kilometer von Halls Gap über Melbourne zur Philipp Island. Doch wenn wir in USA die Langsamkeit entdeckt haben, entdecken wir in Australien, was es bedeutet zu kriechen. Die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Fernstraßen liegt in der Regel bei 100 km/h, Auf etwas besser ausgebauten Straßen sind 110 km/h erlaubt und in der Nähe der Großstädte wie Melbourne und Sydney 120 km/h. Hinzu kommt, dass die meisten Straßen zweispurig (eine Spur pro Richtung) ausgelegt sind, mit unregelmäßigen ‚Overtaking Areas‘ und viele Überlandstraßen durch Ortschaften gehen, wo 40 – 60 km/h gefahren werden.

Im Grunde wäre das auch alles kein Problem, denn unser Camper ist auch bergab nicht unbedingt schneller als 120 km/h, jedoch müssen wir feststellen, dass unsere Reiseplanung angesichts der realen Geschwindigkeit und der Schwerfälligkeit unseres Campers – milde ausgedrückt – ambitioniert ist.

Am späten Nachmittag erreichen wir Philipp Island (die Insel ist über eine Brücke mit dem Festland verbunden), wo wir im Besucherzentrum Tickets für die Hauptattraktion dieser Insel, der allabendlichen Pinguin-Parade, kaufen und weitere Empfehlungen einholen, was auf der Insel bis dahin noch erlebt werden kann.

Wir checken im Camping-Platz ein und machen uns nach kurzer Pause auf den Weg zur südwestlichen Spitze, wo die Nobbies und das Blowhole zu finden sind. Beides sind sehr schöne Küstenphänomene, die heute aufgrund der extrem hohen Windgeschwindigkeiten und der peitschenden See sehr beeindruckend aussehen.

Das Highlight heute sind jedoch die mit 33cm Gesamthöhe kleinsten Pinguine der Welt, aus deren Kolonie auf Phillip Island, jeden Tag einige in der Abenddämmerung aus dem Meer kommen, um zu ihren kleinen Höhlen hinterm Strand zurückzukehren. Hier bauen sie entweder an der Höhle weiter, füttern ihre Kücken oder ruhen sich einfach aus. Das an Land Schwimmen, ohne von Seehunden gefressen zu werden, die starke Brandung am Strand, das Überqueren des offenen Strandes, ohne Schutz vor Raubvögeln – all dies ist natürlich eine immens stressige und kritische Angelegenheit für die Tiere, so dass man vor Ort beschlossen hat, den Zugang zum Strand für Zuschauer zu regulieren.

Wir erreichen um kurz vor 19:00 Uhr einen großzügig angelegten Parkplatz vor einem recht imposanten Bau, der ein Informationsrundgang über Pinguine (ach nein, sie gehören zu den Vögeln, nicht Amphibien!), ein Kino und einen Gift-Shop beinhaltet. Wir gehen aber direkt weiter zum Strand, wo wir zwei mehrstufige, betonierte Zuschauerränge vorfinden und uns auf den vermeindlich bestmöglichen noch freien Platz setzen. Ab 19:30 Uhr werden die Pinguine erwartet. Wir haben also noch Zeit, die mit Füttern von Nicolas unsererseits und flirten mit fremden, von ihm begeisterten Asiatinnen seinerseits im Flug vergeht.

Bevor die Dämmerung einsetzt, werden wir noch von einer Ranger-Dame neben Hintergründen über das Verhalten der Pinguine, vor allem über die zwei wichtigsten Verhaltensregeln für uns aufgeklärt; a) keine Fotos, nicht einmal ohne Blitz (wegen der Pinguine), b) nicht vom Platz erheben (wegen den anderen Zuschauer). Als die ersten Tiere am Strand auftauchen, halten sich auch die meisten daran, ein paar gibt es aber immer, die sich ausgenommen sehen und dennoch aufsstehen und Fotos machen. Die Ranger-Dame ist also vor allem damit beschäftigt, Menschen zu bitten sich hinzusetzen. oder die Kameras wegzupacken.

Die kleinen Pinguine sind natürlich supersüß, wenn sie sich in kleinen Gruppen an Strand spülen lassen, nur um dann dagegen zu kämpfen, dass die Welle sie nicht wieder mit zurückzieht. Die meisten schaffen es nicht beim ersten Anlauf (oder trauen sich nicht – Stichwort Raubvögel) und springen wieder ins schützende Meer. Die übrigen versammeln sich am Strand in kleinen Gruppen und treten den raschen Marsch in die Dünen dahinter an, wo sie ihre Höhlen finden. Dabei kann man sie beobachten und sie durch die Dünenlandschaft im Halbdunkeln wackeln sehen. Beim Begrüßen ihrer Küken oder Nachbarn geht es sehr lautstark zu. Wir verbringen hier noch recht viel Zeit, bevor uns das Info-Center und den kurzen Kinofilm anschauen.

Gegen 10 Uhr kehren wir zum Campingplatz zurück und beenden den Tag. Nicolas ist dagegen schon kurz vor dem Auftauchen der ersten Pinguine in der Babytrage eingeschlafen. Tierfilmer wird er wohl eher nicht.

2 Gedanken zu „Tag 37: Von kleinen großen Helden

    1. Liebe Karla, unser Camper hat ein von der Seite herunterklappbares Kinderbett zusätzlich zu unserem Lager, das man mit einem Netz sichern kann, so dass die Kinder von dort nicht herunterfallen können. Darauf haben wir Nicolas vertraute Decke als Unterlage gelegt. Zusammen mit seinem Schlafschmusehund und Schnuller schläft er dort prima ein und sogar fast immer durch – zumindest jetzt nachdem er den anfänglichen Jetlag überwunden hat! Wir sind sehr erleichtert, dass es so gut funktioniert…

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