Tag 60: Fliegen erste Klasse und… Holzklasse

Heute ist der 60ste Tag unserer Reise. Es ist der letzte Tag und wir verbringen ihn zum Großteil in Flugzeugen. In den 59 vorherigen aber durften wir Eindrücke und Erfahrungen sammeln in einer Menge, Vielfalt und Schönheit, wie noch nie zuvor und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch so schnell nicht wieder. Es bleibt uns die Rückreise nach Hause, doch die hat es in sich.

Wir fliegen von Sydney nach Los Angeles, übernachten hier und fliegen dann weiter nach London, um von dort direkt nach München zu fliegen. So viele Flüge in so kurzer Zeit geben uns die Möglichkeit, noch mehr Erfahrungen zu sammeln, wie es ist, als Familie mit Baby zu fliegen. Denn die Flüge könnten unterschiedlicher nicht sein.

Wir verlassen Taras Wohnung mit sehr viel Pufferzeit und erreichen frühzeitig den Flughafen von Sydney. Beim Check-in werden wir darauf hingewiesen, dass wir ohne Adresse in den USA, sprich ohne ein gebuchtes Hotel, nicht einchecken können. Schnell holen wir dies dank des freien WLANs im Flughafen nach. Die zuvorkommende Dame am Check-in weist uns nun Sitze zu, die nicht nur direkt am Schott sind, so dass wir sowohl eine Babyschale anbringen können, als auch zusätzliche Beinfreiheit haben, sondern sie blockt sogar zwei (!) zusätzliche Sitze für uns. So stehen uns zu dritt fünf Sitze und damit die komplette mittlere Reihe einer 747-400 zur Verfügung. Die super familienfreundliche Behandlung geht am Gate weiter, wo wir in aller Ruhe als erste Passagiere in das Flugzeug steigen und uns bequem einrichten können. Wie sich herausstellt, wurden wir auch noch in einen räumlich vom Großraum abgetrennten Bereich gesetzt, den wir bis auf wenige Mitreisende für uns alleine haben. Der Flug ist nicht ausgebucht und wir dürfen das Beste daraus machen. Nicolas bekommt sogar ein Kinder-Mäppchen geschenkt, das er sofort ins Herz schließt. Super Quantas, so macht ihr den Hinflug mehr als wett! Zum Abendessen trinke ich Whisky.

Nach einem weitgehend unkomplizierten Flug (Nicolas ist ja schon ein alter Hase) kommen wir am frühen Nachmittag desselben Tages in Los Angeles an. Da wir die Tagesgrenze überflogen haben, sind wir trotz 13 Stunden Flug in der Zeit zurückgereist. In Windeseile kommen wir diesmal durch die Immigration. Zum einen, weil unsere ESTAS schon vom Hinflug registiert sind und wir mit unseren biometrischen Pässen unbemannte Terminals verwenden können, zum anderen, weil uns Einweiser dank Baby mehrfach in kürzere Schlangen umleiten. Kaum durch die Immigration durch, schauen wir beim American Airlines Schalter vorbei um zu prüfen, ob wir eventuell schon am gleichen Tag weiterfliegen könnn. Das ist aber nicht möglich, so daß wir uns dann auf dem Weg zum vorgebuchten Hotel machen.

Nachdem wir einen Monat beinahe ausschließlich auf Campingplätzen verbracht hatten, fühlt sich das günstige Hotelzimmer sehr luxuriös an. Den Abend verbringen wir damit, vom Hotel an großen Parkplätzen und Ausfallstrassen vorbei zum nächsten Ort zu laufen, wo wir noch ein letztes Mal in einem Supermarkt für Nicolas Babybreie für den Flug einkaufen und in einem überfüllten In-and-Out Burger essen. 

Am nächsten Morgen können wir uns wieder Zeit lassen, wieder geht der Flug erst am frühen Abend. Als das Hotel-Flughafen-Shuttle uns am Flughafen abgesetzt hat, sind es noch sieben Stunden bis zum Boarding. Der Herr am Check-in ist daher auch überzeugt, das wir eine Babyschale für den langen Flug haben werden. Seine Inkompetenz erkennen wir erst später.

Der Terminal, in dem unser Gate zu finden ist, fällt ausgesprochen unspektakulär aus. Kaum Läden und nur das Mindeste an Restaurantes sind hier zu finden. Wir vertreiben uns die Zeit damit, Nicolas zu unterhalten, zu lesen und zu essen. Als das American Airlines Bodenpersonal schließlich das Gate besetzt, erleben wir die unangenehme Überraschung: Eigentlich sollen wir laut des Herrn, der uns vor sieben Stunden eincheckte, am Gate nur sicherheitshalber nochmal daran erinnern, dass wir eine Babyschale für den Flug benötigen. Dabei stellt sich aber nicht nur heraus, dass der Herr vom Check-in uns in eine falsche Reihe gebucht hat, nämlich genau eine hinter dem Schott (und nur in der Schott-Reihe kann man überhaupt eine Babyschale anbringen), sondern auch dass 17 weitere Kinder mitflögen und die wenigen Babyschalen damit ja sowieso schon alle weg seien. Da der Flug überbucht sei, sei es auch nicht möglich einen dritten Sitz für uns zu blocken. Wir sehen also einem 12 Stunden Flug entgegen, ohne die Möglichkeit Nicolas ablegen zu können oder Platz zu haben für das zusätzliche Handgepäck. Das schlimmste am Bodenpersonal ist aber, dass ihnen unsere Probleme offensichtlich völlig egal sind und sie nicht einmal ein geheucheltes Verständnis für uns zeigen. Sie gehen sogar soweit, auf der, wie sich später im Flugzeug heraustellen sollte, Unwahrheit zu bestehen, die Passagiere in der Reihe direkt am Schott hätten für diese Sitze einen Aufpreis gezahlt. Dies ist nachweislich nicht der Fall und zeigt die Dreistigkeit und Inkompetenz des American Airlines Bodenpersonals überdeutlich.

Im Flugzeug angekommen (nicht überraschend boarden wir das Flugzeug zeitgleich mit allen anderen Passagieren und sorgen leider für einen kleineren Stau im Gang), teilen wir uns die Reihe mit einem jungen Deutschen, der sehr nett ist und vollstes Verständniss für unsere Situation zeigt. Nachdem wir abgehoben haben, meldet sich auch Nicolas zu Wort und wir beginnen zu ahnen, dass dies einer der schwierigeren Flüge sein wird. Das Abendessen müsen Anja und ich nacheinander zu uns nehmen (mit Nicolas auf dem Schoß hat das Tischchen ja keinen Platz mehr) und an Schlaf ist nicht zu denken, da Nicolas weder auf meinem, noch auf Anjas Bauch einschlafen möchte.

Schließlich spricht Anja eine Stewardess an und erklärt ihr unsere Situation. Diese zeigt sich sehr erstaunt über die Entscheidung des Bodenpersonals, uns keine Sitze in der Reihe am Schott zu geben, schließlich sei Nicolas das einzige Baby an Board und damit das einzige der 17 Kinder, das in einer Babyschale schlafen könne. Auch das AA Kunden einen Aufpreis für Sitze in dieser Reihe zu zahlen hätten, sei ihr neu und ebenso neu ist es den Passagieren, die am Schott sitzen, als wir sie nach dem Aufpreis fragen. Schließlich bietet ein Mann aus der Schott-Reihe an, mit Anja und Nicolas Platz zu tauschen. Wir nehmen das Angebot dankend an und der Gentleman die ihm von der gewandten Stewardes sogleich als Dankeschön angebotenete Weinflasche. So sitzen Anja und ich zwar getrennt, aber wir können Nicolas ablegen, was für ihn und uns einen deutlich entspannteren Flug bedeutet. Ich werde jedoch in Zukunft einen weiten Bogen um American Airlines machen.

In London angekommen, haben wir ausreichend Zeit zum Umsteigen. Wir freuen uns, wieder europäischen Boden unter den Füßen zu haben und kommen auch hier wieder dank Nicolas sehr schnell durch die Passkontrolle. Der Flug nach München verläuft ohne große Zwischenfälle und als wir die bayerische Hauptstadt erreichen, betreten wir den Flughafen mit einem Gefühls-Mix aus Freude auf zuhause, Traurigkeit über das Ende der Reise und ein wenig Stolz, das Mammutprojekt erfolgreich beendet zu haben.

Nun erwarten uns spannende Wochen. Für mich wird es zurück ins Büro gehen, Nicolas kommt in die Krippe und Anja wird nach fast elf Monaten Elternzeit wieder anfangen zu arbeiten. Wir haben zusammen beinahe 11.000 Fotos gemacht. Diese werden unsere Erinnerung an diese einmalige Zeit für immer lebendig halten. Dabei wird uns auch dieser Blog helfen und wir möchten uns an dieser Stelle bei allen bedanken, die uns durch das Lesen unserer Posts auf dieser Reise begleitet haben. Bei diesen und bei all jenen, die diese Zeilen später entdeckt und gelesen haben: Vielen Dank für Euer Interesse. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht!

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